Ventildeckeldichtung 058198025A tauschen

 Nachdem mein Audi TT8N3 aufgrund schwerer Mängel, einer davon war die Ölundichtigkeit, kein "Pickerl" bekommen hatte, musst dem Problem auf dem Pelz gerückt werden.

Bei einer oberflächigen Untersuchung, woher eigentlich das Öl kommen könnte, wurde auf die Dichtung für die Zylinderkopfhaube, die Ventildeckeldichtung, getippt, da der hintere Bereich des Motorblockes einiges an Ölspuren aufwies und in Foren und auf YouTube-Videos dies oftmals als Schwachstelle ausgemacht wird.
Mein Mechanikermeister meinte auch, dass dies wahrscheinlich damit zusammenhängt, dass dieser Bereich thermisch mehr belastet ist und dies sich auf die Lebensdauer der Kunststoffdichtung auswirkt - womit er vermutlich Recht haben sollte.

Auf der Mikroskopaufnahme der mittleren Dichtung sieht man nämlich schon feine Haarrisse, die sich früher oder später ausbreiten und mitunter ein Anzeichen auf Alterung bzw. Aushärtung sind.

Als Ersatzteil habe ich mich aus Kosten-Nutzen- und Zeitgründen für den Dichtungssatz 23548 von Febi-Bilstein und der Dichtmasse K2, statt der Teilenummer AVM 17400401,  entschieden.
Ein wenig eigenartig ist die Verpackung der Dichtung schon, da diese einfach zusammengefaltet im Karton liegt (siehe auch Video vom Schrauba) - persönlich würde ich die Dichtung vermutlich kein zweites Mal kaufen.

Im erWin Reparaturleitfaden A0057005900-4-Zyl__1_8l_5V_Turbo_Motor_(110-140_KW)__Mechanik ist ab Seite 84 der Tausch der Dichtung beschrieben. Es gibt auch einige YouTube-Videos dazu, aber bei manchen, wie bei 3thedward, wird irgendwie, aber nicht nach Reparaturleitfaden repariert, indem man Dichtmasse überall aufstreicht. Der Reparaturleitfaden sieht auf Seite 85 und 86 insgesamt acht besondere Stellen vor, auf denen kleine Mengen von Dichtmasse aufgetragen werden soll. Aber auch das Anziehen der Muttern mit 10Nm erfolgt nach einer speziellen Reihenfolge.

Der erste Schritt war, bevor ich den Wechsel der Dichtung überhaupt begann, einmal den Motor weitgehend zu reinigen - quasi entstauben - dass keine Verschmutzungen eindringen können.
In weiterer Folge deckte ich, ähnlich wie beim Operieren, den umliegenden Bereich mit einer Malerfolie ab, so dass nur der Bereich der Zylinderkopfhaube und der hintere frei blieb - Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.

Darauffolgend wurden die Zündspulen durchnummeriert, die Halterung aufgeschraubt, die Zündspulen herausgezogen und der Stecker heruntergenommen - meines Erachtens geht es leichter den Stecker zu ziehen, wenn man schon die Zündspule draußen hat. Beim Herausnehmen der Zündspulen könnte man schon erkennen, ob die mittlere Dichtung undicht ist. Ich habe bei einen leichten Hauch von Öl an der dritten Zündspule (welche anscheinend immer noch die originale Hitachi ist) ausmachen können.
Wenn ganz viel Öl austritt, dann ist der Bereich der Zündkerze mit Öl geflutet - wie einst die Titanic.

Der nächste Schritt die Entfernung der Schlauchklemme der Kurbelgehäuseentlüftung und die Abnahme des Schlauches. Ich habe dabei den Schlauch mit einem feinen Schlitzschraubendrehen ganz vorsichtig ein wenig angehoben und in den Spalt WD40 gesprüht, so dass der Schlauch sich dann leichter abziehen ließ - ein Herunterhebeln mittels Schraubendreher würde ich bei den alten Schläuchen nicht empfehlen, da sie ansonsten reißen könnten.

Als Nächste wurden die beiden Klammer (vorne und hinten) der Zahnriemenabdeckung gelöst und dann die neun Muttern (3 vorne, 3 mittig, 3 hinten) des Ventildeckels aufgeschraubt. Es versteckte sich dabei noch eine Schraube im Bereich der Unterdruckleitungen, die diese und auch den Ventildeckel hält.

Wenn dies erledigt ist, dann lässt sich der Ventildeckel mit einem größeren Schlitzschraubendreher herunterhebeln - bei mir ging das glücklicherweise ganz einfach.
Beim Herausheben des Deckels sollte man jedoch vorsichtig vorgehen, insbesondere, dass keine Verschmutzungen vom Deckel in den offenen Bereich fallen - wir arbeiten ja quasi am offenen Herzen und sollten daher genauso sorgfältig vorgehen wie beim Operieren.
In manchen Videos wird der Kanal für die Zündkerzen ausgestopft, aber auf das habe ich verzichtet, da auch Putzpapier zerreißen kann. Theoretisch könnte man ja den Kanal später, wenn der Deckel wieder oben ist, ausblasen und aussaugen.

Eigentlich sieht man auf dem obigen Foto die Schwachstellen der Dichtungen, nämlich wo der Motor schwitzt und Öl verliert. Mein Werkstattmeister hatte ja schon den Verdacht geäußert, dass die thermische Belastung für die Dichtung ganz schön hart sein könnte und sie dann zum Schwitzen kommt - und er hatte Recht, denn vorne ist die Dichtung eher trocken und hinten pudelnass.
Schön wäre es, wenn bei uns im Alter die Inkontinenz auch so leicht zu beheben wäre, indem man nur eine neue Dichtung einsetzt.

Dass der Ölverlust nicht seit gestern auftrat, sieht man auch am Hitzeschutzblech, bei dem sich einiges an Öl angesammelt hat. Somit ist auch der Mangel bei der §57a Überprüfung schon längere Zeit angestanden und ich hatte ja seit 2019 immer wieder kleine Ölflecken am Garagenboden bemerkt. Im Grunde sieht man somit die Subjektivität der Prüfer/innen, da dies mehrere Male als leichter Mangel und letztlich als schwerer Mangel klassifiziert wurde. Aber wäre es diesmal nicht als schwerer Mangel vermerkt worden, dann hätte ich das Thema wahrscheinlich noch einige Zeit vor mir hergeschoben.

Als Nächstes stand wieder ein etwas heikler Schritt an, nämlich das Herausheben der Dichtung. Mitunter sitzt die Dichtung an der Dichtfläche ziemlich fest und man muss diese mit einem Schraubendreher vorsichtig lösen. Insbesondere muss man aufpassen, dass sich dabei nichts von der Dichtung ablöst bzw. diese nicht bricht und Teile in den Motor fallen - Gewalt ist nie eine Lösung.
Ich habe zur Übung daher mit der mittleren Dichtung angefangen und dann vorsichtig die äußere herausgenommen - wichtig ist, dass man die Dichtung über die langen Gewindebolzen gleichmäßig hochhebt, ansonsten verkantet sie.

Meine Dichtung fühlte sich schon mehr plastik- als gummiartig an - da dürfte schon einiges an Weichmacher verdunstet sein. Jedoch war sie noch frei von gröberem Rissen und brach auch nicht sofort, wenn man sie knickte. Bei Mehrmaligen Knicken entstanden dann jedoch auch Risse.
Bei der Shore A-Härteprüfung bekam ich bei der alten Dichtungen einen maximalen Wert von 93,5 Shore angezeigt. Zum Vergleich wurde eine entsprechende neue Dichtung bestellt, da ich vergessen hatte die Härte von dem Einbau zu messen, und diese zeigte Werte bis zu 78 Shore an - was somit ein Beweis ist, dass die alte Dichtung schon deutlich härter ist. Wie sagt der alte Lateiner? Quod erat demonstrandum.

Mein nächster Schritt, nachdem die Dichtung rückstandsfrei entfernt war, war das Reinigen der Dichtfläche am Motorblock und die komplette Reinigung des Ventildeckels. Aus Umweltgründen bin ich aber mit dem Bremsen- und Teilereiniger etwas sparsamer umgegangen als im Video vom Schrauba - na ja, unsere östlichen bzw. süd-östlichen Nachbarn haben ja noch etwas Defizite was Green Thinking angeht - und trotzdem ist mehr als Dreiviertel der Dose draufgegangen.


Reinigen hat ja auch etwas meditatives und so ging mir die Frage durch den Kopf, ob eine Werkstätte sich auch so viel antut und den Deckel weitgehend reinigt oder ob nur runter und wieder rauf die Devise ist. Wobei ich nicht verschweigen möchte, dass mir das Putzen nicht so viel Spaß macht - mir reicht es schon, wenn ich immer wieder von meiner besseren Hälfte Anweisungen per WhatsApp bekomme, wer was zu saugen hat.

Was mir aber noch zum Ventildeckel einfällt, wäre die geringere Verschmutzung als auf so manch anderer Abbildung oder in manch anderem Video. Ich frage mich daher, ob dies nach 231.000km mit der richtigen Ölsorte 5W30 zusammenhängt und ob eine Sorte mit höherer Viskosität eher zum Verdrecken bzw. zur Bildung von Schmodder führt?


Während ich den Deckel gereinigt hatte, hatte ich den Motor abgedeckt, damit kein Schmutz hineinkommen konnte - quasi die Decke zum Schlafen darüber gelegt und jetzt nach rund 4 Stunden ist einmal Schluss für heute und der zweite Teil folgt dann morgen, ja morgen, und wenn ned morgen, dann übermorgen, oder zumindest irgendwann.

Ein neuer Tag, ein neues Spiel. Nachdem ich am die Dichtflächen auch am Motor gereinigt hatte, wurde dann an den acht im Reparaturleitfaden angegeben Übergängen ein Tropfen Dichtmasse mit dem Schraubendreher aufgetragen.
Interessant ist, dass das Buch Audi TT Service Manual, was ja ähnlich dem erWin bzw. ElsaWin ist, nur sechs Punkte, dafür mit einer definierten Länge von 5mm, auf Seite 15a-7 zeigt.


Anschließend wurde die Dichtung vorsichtig aufgelegt, so dass sie sich in die entsprechenden Nuten schmiegt und plan aufliegt. An dieser Stelle war ich von der Febi Bilstein Dichtung überrascht, da ich eigentlich Schlimmeres, aufgrund der Art der Verpackung, erwartet hatte.


Etwas problematischer war das Auflegen des Ventildeckels, da dieser, wenn man ihn nicht exakt zu den Gewindebolzen ausrichtet, verkantet und sich dann nur schwer aufsetzen lässt. In diesem Falle wäre vielleicht jemand hilfreich, der beim Aufsetzen mit Hand anlegt.
Eigentlich soll der Ventildeckel durch das Eigengewicht raufgehen - das Klopfen mit einem Gummihammer oder mit der Faust würde ich nicht empfehlen, da es ja einen Grund gibt, warum der Deckel widerspenstig ist.
In Folge, nachdem der Deckel genau auflag, wurden umgehend die neun Muttern montiert. Laut den Audi Unterlagen, soll in der Mitte angefangen und dann die äußeren Muttern kreuzweise mit 10Nm angezogen werden - wobei im Reparaturleitfaden jedoch keine genaue Reihenfolge, im Gegensatz zum Zylinderkopf, angegeben ist.
Ich habe für das Anziehen einen Drehmomentschlüssel Proxxon MicroClick MC30 (6 bis 30Nm) verwendet und in der abgebildeten Reihenfolge die Muttern aufgeschraubt und mit 10Nm angezogen.
Nach rund 1,5h Stunden war dann der Audi TT8N3 wieder zur Gänze montiert und es blieben sogar keine Schrauben und Muttern über - anscheinend ist alles dort wo es hingehört.

In Summe habe ich für die Demontage und Montage, sowie das sorgfältige Reinigen, rund 5,5 Stunden aufgewendet, also etwas mehr als das Doppelte was Audi vorgibt - aber dafür war es auch mein erstes Mal (bei manch' anderen Sachen geht das erste Mal schneller).


Der kurze Probelauf ging ohne Probleme über die Bühne. Der Motor sprang in gewohnter Manier sofort an und die Drehzahl blieb gleichmäßig konstant bei rund 1000/min, worauf ich schließe, dass keine Undichtigkeiten vorliegen.
Abschließend erfolgt noch eine Reinigung mittels Motor-Kaltreiniger, damit einerseits für die §57a Überprüfung keine Ölspuren ersichtlich sind und andererseits man zukünftig sieht, ob die neue Dichtung dicht hält oder irgendwo doch noch bzw. wieder Öl austritt.


Wenn ich mein ElsaWin 6.0 richtig deute, dann werden für den Dichtungstausch 200 Arbeitseinheiten (ca. 2,5 Stunden) berechnet. Allein 190 Einheiten (ca. 142min) für die Demontage und Montage des Deckels (15821915) und 10 Einheiten (ca. 8min) für den Tausch der Dichtung (15801915).
Laut den Kosten des Airbagtausches aus 2020 kostet die Arbeitseinheit rund 1,43EUR (inkl. MWSt) und somit würde die Arbeitszeit alleine bei zirka 286,- EUR liegen. Da kämen dann noch die Dichtung, Dichtmasse und Kleinmaterial dazu und der Deckel wäre dabei immer noch dreckig.
In Summe würde ich schätzen, dass der Tausch der Dichtung, so wie ich ihn vollzogen habe, sich mit rund 350,- EUR zu Buche schlägt - da kann man dann privat schon die eine oder andere Stunde investieren, bei einem Nettostundenlohn von 60,51 EUR (350,- EUR abzüglich Material).

Meines Erachtens ist dies eine Arbeit, die auch von einem handwerklich begabten Laien durchgeführt werden kann, wenn er sich vorbereitet, das richtige Werkzeug hat und sorgfältig arbeitet.

Ersatzteile:

  • Ventildeckeldichtungssatz 058198025A
  • Dichtmasse (temperaturfest, z.B. K2 HiTemp +350 Silicon Black)

Werkzeug:

  • Schraubendreher-Satz (Schlitz- und Kreuzschlitz)
  • Steckschlüsselsatz
  • Sechskant-Steckschlüsselsatz
  • Drehmomentschlüssel (ab 6Nm, z.B. Proxxon MicroClick MC30)
  • Ring- oder Gabelschlüsselsatz
  • Schlauchklemm-Zange (z.B. BGS 473)
Material:
  • WD-40
  • Bremsen- und Teilereiniger
  • Mikrofasertücher
  • Pinsel

Arbeitsschritte:

  • alle Motorabdeckungen entfernen (Kreuzschlitz-Schraubendreher)
  • Batterie abklemmen (M10 Steckschlüssel) und Pole abdecken (sicherheitshalber)
  • im Weg stehende Schläuche mit Kabelbinder fixieren (z.B. an der Domstrebe)
  • Kondensator demontieren (M10 Steckschlüssel)
  • Unterdruckdose entfernen (M10 Steckschlüssel)
  • Unterdruckdosenhalterung 06A133444K entfernen (M10 Steckschlüssel)
  • Halterung für Leitungen zur Unterdruckdose lösen (M10 Ringschlüssel oder 6er Steckschlüssel, je nachdem, welche Schrauben sich lösen lassen)
  • Leitungshalterung für Zündkabel lösen
  • Zündspulen herausschrauben und abstecken
  • Schlauch für Kurbelgehäuseentlüftung vorsichtig herunterziehen
  • beide Klammern der Zahnriemenabdeckung lösen und herunternehmen
  • alle 9 Muttern (M10 Steckschlüssel) lösen
  • Ventildeckel vorsichtig mit Schraubendreher hochhebeln
  • Dichtungen mittels Schraubendreher vorsichtig von der Dichtfläche lösen
  • Dichtflächen am Motorblock vorsichtig reinigen (Achtung auf die Gewindebolzen, dass die verbogen werden)
  • Ventildeckel reinigen
  • Dichtflächen (Deckel und Motorblock) säubern
  • mittlere Dichtung aufsetzen
  • Dichtmasse an den vorgesehenen Punkten (8 Stück) auftragen (nicht ganzflächig)
  • äußere Dichtung vorsichtig und sorgfältig aufsetzen, so dass sie korrekt aufliegt
  • Ventildeckel aufsetzen und gemäß Reparaturanleitung verschrauben (zuerst mittig und dann über Kreuz mit 10Nm)
  • Halter für Unterdruckleitung anschrauben (10Nm)
  • Zahnriemenabdeckung Klammern anbringen
  • Schlauch für Kurbelgehäuseentlüftung wieder aufstecken und mit Schlauchklemme fixieren
  • Zündspulen einsetzen
  • Zündspulenstecker wieder anstecken
  • Leitungshalter wieder reindrücken
  • Zündspulen wieder verschrauben (3 von 4)
  • Unterdruckdosenhalterung wieder anbringen und mit letzter Zündspule verschrauben
  • Unterdruckdose anschrauben (10Nm)
  • Entstör-Kondensator anschrauben (10Nm)
  • Kabelbinder, Abdeckbänder und Folie entfernen
  • Batterie anklemmen
  • Motorabdeckungen wieder anbringen
  • Probelauf
  • Motorwäsche
  • nach einigen Zeit Sichtkontrolle auf Dichtheit bzw. auf Ölverlust


Wie man den Dichtungssatz tauscht und auch fast alle neuralgischen Stellen (eigentlich sind es acht) mit Dichtungsmasse versieht, sieht man im YouTube-Video von meinem Hero "Schrauba":


Wichtiger Hinweis: Der Bericht ist keine Reparaturanleitung und alle Arbeiten am Fahrzeug erfolgen auf eigene Gefahr. Die Gefahr von Schäden ist nicht ausgeschlossen.


 

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