Kurbelgehäuseentlüftung AJQ-Motor

Bericht zur Instandsetzung der Kurbelgehäuseentlüftung (KGE) bei einem Audi TT 8N mit AJQ-Motor

Die Kurbelgehäuseentlüftung beim AJQ ist ein Mysterium und man bekommt die unterschiedlichsten Informationen. Das klassische Lehrbuch des Europa-Lehrmittelverlages ist zu dem Thema überhaupt keine Hilfe, da nur auf die Blowby-Gase und die Wiederzuführung im Verbrennungsprozess hingewiesen wird. Und im Internet - wie tt-eifel oder  Wikipedia - heißt es, dass ein Unterdruck vorherrschen muss, da ja z.B. sonst der Motor "schwitzt" und andererseits wird aber in Foren von "tänzelnden" Öleinfülldeckeln beim 1.8T berichtet, was aber auf einen Überdruck hindeutet.

Dabei findet man auch die unterschiedlichsten Angaben. Einmal wird behauptet, das ein Druck zwischen -5 und +5mbar in Ordnung ist, dann sind Drücke bis zu -30mbar tolerierbar und so weiter und so fort. Der Druck mit den -30mbar würde aber auch der Einleitung einer Patentschrift für ein Druckregelventil bei Verbrennungsmotoren entsprechen. Aber was konkretes, insbesondere AJQ-spezifisch, findet man sonst leider nicht dazu.

Aufgrund dessen habe ich mich auf die Suche nach der Wahrheit gemacht und nun bin ich ein bisschen schlauer geworden, nachdem ich die Schläuche am Fahrzeug und im Ersatzteilkatalog (7zap) nachverfolgt und den Druck gemessen habe.

Für das bessere Verständnis habe ich nun eine schematische Darstellung der Kurbelgehäuseentlüftung bei meinem AJQ erstellt (hier ein Danke an tt-eifel, der sich die Grafik angesehen und abgesegnet hat), so dass man eigentlich sieht, dass ein Unterdruck herrschen müsste.


Für mich persönlich ist die Unterdrucktheorie, wie dies tt-eifel beschreibt, auch anhand der Darstellung die schlüssigere Variante, da ja die Blowby-Gase wieder dem Verbrennungsprozess zugeführt und diese dann über die Luft angesaugt werden müssen.

Natürlich entsteht durch diese Gase ein Überdruck im Kurbelgehäuse, aber nur dann, wenn das System geschlossen wäre und der dadurch sich aufbauende Druck nicht woanders entweichen kann.

Somit wäre ein "tänzelnder" Öleinlassdeckel meines Erachtens eher ein Indiz für eine defekte Kurbelgehäuseentlüftung. Es gibt nämlich ein Video auf Facebook, wo man sieht, dass der Öleinfülldeckel erst zum Springen anfängt, nachdem die Leitung der Kurbelgehäuseentlüftung abgedrückt wurde.

Im Grunde hat man im Leerlauf durch das Ansaugen der Kolben (wie Fahrradpumpe) einen "Sauger-Betrieb", da ja in dem Drehzahlbereich noch nicht der Turbo arbeitet. Der Überdruck, der in der Ansaugbrücke entsteht, wenn der Turbo die entsprechende Drehzahl hat, wird über das Rückschlagventil 035103245A in Richtung Kurbelgehäuseentlüftung abgesperrt.

Ich habe mir daher eine Messvorrichtung für den Öleinlassdeckel und den Ölmessstab gebastelt, um den Druck messen zu können.
Mittels dem Druckmessgerät wurde der negative Überdruck (also Unterdruck) am Deckel und am Rohr des Ölmessstabes gemessen. 

Mein Messgerät hatte ich noch aus China bestellt, wobei diese Bezugsquelle mit 1. Juli 2021 versiegt, da in Österreich die Einfuhrumsatzsteuer immer fällig wird und die Post für die Dienstleistung auch noch was verrechnet. Somit werden bisherige Bestellungen unter 22,- EUR bzw. Bestellungen unter 150,- EUR vom meinem Freund Ali, der express liefert, nun finanziell uninteressant.

Für die Druckregelung im Kurbelgehäuse ist eigentlich beim AJQ das Druckregelventil 034129101B zuständig. Bei meinem ist noch das Produktionsdatum, wie beim damaligen SUV, mit 04.05.99 ersichtlich. Eigentlich ganz schön lange her für ein Teil, was bei manchem anderen schon mehrmals gewechselt wurde.

Apropos Wechsel - auf manchen Seiten von Ersatzteillieferanten steht, dass dieses nach rund 60.000km erneuert werden sollte und meines hat schon 230.000km auf dem Buckel. Also war ein Tausch angesagt. Das Originalteil kostete beim Freundlichen 30,36 EUR, natürlich kann man dieses auch Online kaufen und sich bequem liefern lassen.

Ein weiterer Punkt, der in Foren und im Internet widersprüchlich ist, ist die Frage, ob die Messung im kalten oder betriebswarmen Zustand die gleichen Werte liefert. Bei einigen Beiträgen wird darauf hingewiesen, dass die Öltemperatur 80°C betragen sollte (analog zu der Messung des Öldruckes, bei der auch das Öl 80°C haben sollte). Ich habe daher bei beiden Zuständen eine Messung vorgenommen.

Zum Vergleich habe ich auch den Motor meines Seat Leon ST 5F gemessen. Der 1.2TSi CJZB (EA211) baut einen negativen Überdruck, also Unterdruck, von fast -10 mbar im kalten Zustand am Öleinlassdeckel auf. Auch hört man bei ihm das "Sauggeräusch" wesentlich deutlicher, wenn man den Öleinlassdeckel leicht anhebt. Genauso spürt man auch das deutliche Ansaugen des Deckels.

Bei meinem TT8N3 mit AJQ (EA113) wird jedoch nur ein negativer Überdruck von -1,5 mbar aufgebaut. Laut den verschiedenen Videos und Infos im Netz, insbesondere in diversen Facebook-Gruppen, sollte dies aber nicht der Fall sein - zumindest beim 1.8er AJQ, wie manchmal behauptet wird (ich glaube so richtig gemessen hat den aber noch keiner).

Im betriebswarmen Zustand hatte der Seat Leon ST 5F (EA211) dann am Öleinlassdeckel einen Druck von -8,4 mbar und am Rohr des Ölmessstabes -9,1 mbar. Wobei die Messwerte, auch im kalten Zustand, etwas schwankten (kam einmal auf rund -5 mbar runter).

Hingegen waren die Unterdruckwerte beim Audi TT8N3 mit dem alten Druckregelventil beinahe konstant bei -1,5 mbar. Egal ob am Öleinlassdeckel oder am Rohr des Ölmessstabes - und egal ob warm oder kalt. Und auch das neue Druckregelventil brachte keine merkliche Veränderung beim Unterdruck. Sowohl am Öleinlassdeckel als auch am Rohr des Ölmessstabes wurden ein Druck von -1,6 mbar gemessen.

Aufgrund dessen, dass quasi oben (Öleinlassdeckel) und unten (Rohr Ölmessstab) am Motor der gleiche Druck gemessen wurde gehe ich davon aus, dass die Kurbelgehäuseentlüftung in Ordnung ist. Wäre unten das Rückschlagventil defekt oder die Leitung verstopft, dann müsste unterschiedliche Drücke gemessen werden.

Der Grund für den Hinweis auf den Tausch nach der Laufzeit nach 60.000km könnte mit dem Aufbau des Druckregelventils zusammenhängen, welches manchmal auch als Ölabscheider bezeichnet wird, wobei die etwas schiefe Einbaulage dann dieser Funktion mitunter etwas entgegensteht.

Nachdem ich im Frühjahr bzw. Sommer 2022 feststellen musste, dass einige Schläuche der Kurbelgehäuseentlüftung schon rissig bzw. nicht mehr im besten Zustand sind wurden diese getauscht und daraufhin nochmals der Unterdruck gemessen, der nun bei -2,9mbar lag.
Welche Werte der AJQ eigentlich haben müsste habe ich bis heute noch nicht rausgefunden und auch das unten angeführte Video vom Schrauba liefert keine eindeutigen Hinweise.

Da dürfte dann doch einiges an Unterdruck durch den gerissen Schlauch  06A103221C verloren gegangen sein. Rein subjektiv zieht der Audi TT8N3 auch besser - wobei Einbildung ist auch eine Bildung.

Ich habe mein altes Druckregelventil geopfert und es mit einem Dremel-Sägeblatt seziert - ich bin zwar Doktor, aber nicht der Pathologie sondern der Philosophie.
Das Druckregelventil besteht aus einem geschlossenen Kunststoffgehäuse, einer Gummimembran und einer Metallfeder.


Die Metallfeder drückt die Membran nach oben, so dass beim Ablassrohr ein größerer Querschnitt geöffnet wird. Ist der Unterdruck zu groß, dann wird die Membran gegen diese Öffnung gesaugt und es steht nur mehr eine kleinere Öffnung zur Verfügung.
Die kleinere Öffnung ist dabei einige Millimeter vom Gehäuseboden entfernt, so dass sich theoretisch Öl am Gehäuseboden sammeln kann. Bei dem Druckregelventil meines TT8N3 war auch etwas Öl abgesetzt. Vermutlich daher auch die Bezeichnungen Ölabscheider im Netz.

Allein von der Membran, dass sie durch die Feder nach oben gedrückt wird, müsste es nun eigentlich nachvollziehbar sein, dass diese bei einem zu großen Unterduck dann nach unten gezogen wird und man eigentlich von einem Unterduck im System ausgehen müsste.
Interessant wäre, wie es sich auswirkt, wenn man eine "Catch Can" vor bzw. nach dem Druckregelventil einbauen würde und ob dann dort Öl abgeschieden wird?

Meine gemessenen Werte beim Unterdruck im Leerlauf entsprechen auch weitgehend dem YouTube-Video (ab Minute 10:00) vom Schrauba, welches er rund einem dreiviertel Jahr nach diesem Beitrag gedreht hat - ein Schelm wer Böses denkt.

Eine interessante DIY-Methode zur Messung des Unterdruckes zeigt das YouTube-Video von Maekkes1000, welches auch beweist, dass ein Unterdruck vorherrschen muss:


Somit ist das Märchen der "tänzelnden Öldeckeln" ohne wenn und aber eine Geschichte aus dem Reich der Lügen und man sieht nun, dass man solchen selbst berufenen "Spezialisten", wie BullTT68 auf Motor-Talk, nicht über den Weg trauen darf.

Und wenn BullTT68 auf Motor-Talk und Bull68 im tt-owners-club Forum die gleiche Person sind, dann ist er nun auch nicht mehr von seinen bisherigen Aussagen 100%ig überzeugt.




Wichtiger Hinweis: Der Bericht ist keine Reparaturanleitung und alle Arbeiten am Fahrzeug erfolgen auf eigene Gefahr. Die Gefahr von Schäden ist nicht ausgeschlossen.



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