G62 Goldkontakte - Fakt oder Fake?

Angestachelt von einem aktuellen Beitrag in meinem Lieblingsforum muss ich wieder mal in die Tasten hauen. Es geht um die Frage, sind die zwei Kontakte des Doppelsensor G2/G62, nämlich jene für den G62, wirklich aus Gold, so wie es tt-eifel auf seiner Seite schreibt und es der User BullTT68, alias Bull68, liebevoll auch Cläus'chen genannt, es überall weiterverbreitet?

Die Antwort lautet: für's Original ja, für Zubehörteile nicht unbedingt

Man verwendet(e) beim originalen G62 tatsächlich Gold. Der damalige Hersteller ELTH, nun Cebi Luxembourg S.A., begründet dies in einer Mail an mich mit der Reduzierung des Kontaktwiderstandes

Aus technischer Sicht ist diese Antwort für mich aber leider nicht ganz korrekt, da die Vorgabe von Audi beim G62 keine saubere Widerstandskennlinie ist, sondern ein Widerstandsbereich.
Bei den zu messenden Temperaturen liegen diese beim G62 laut ElsaWin zwischen 1500 und 2000 Ohm bei 30°C (A) und im Bereich von 275 und 375 Ohm bei 80°C (B) - dies entspricht immerhin einer Toleranz von 25%, was man auch in der Grafik am grauen Bereich sieht.


Quelle: KOLHOSNIKI

Ein paar Ohm mehr beim Übergangswiderstand würden somit eigentlich keine wesentliche Rolle spielen und noch dazu ist Gold ein schlechterer Leiter als Kupfer oder Silber. Man kann daher auch nicht mit genaueren Werten für das Motorsteuergerät argumentieren und somit würden die Goldkontakte eigentlich für mich aus dem angegebenen Grund ad absurdum geführt.

Ich glaube daher, es ist im Mail die Kontaktkorrosion gemeint. Dann machen die Goldkontakte aus meiner Sicht auch Sinn und somit müssen die Kontakte beim Stecker ebenfalls aus Gold sein, was beim originalen auch zutrifft. Vielleicht war dies auch in der Antwortmail so gemeint, aber etwas laienhaft ausgedrückt.
Mit manchen Sensoren aus dem Zubehörhandel, die keine vergoldeten Kontakte haben, wird der Gedanke des  Korrosionsschutzes jedoch außer Kraft gesetzt und es besteht die Gefahr von elektrochemischer Korrosion, wenn Feuchtigkeit in die Steckverbindung eindringt. Es würden dann die Pins am Sensor betroffen sein, da diese aus dem unedleren Metall bestehen.

Mein erster Verdacht, dass damals die Kontakte anders gestaltet wurden, damit man G62 und G2 besser auseinanderkennt, denn bei den heutigen Temperaturfühler aus dem Zubehör können mitunter alle Pins auch aus dem gleichen Material sein, hat sich leider somit nicht bewahrheitet.
Die Goldgeschichte schien aus meiner Sicht ein klassisches Beispiel für ein Fake im Internet zu sein, weil es keine weiteren Informationen, auch in den Audi Unterlagen, dazu gab. Ein einzelner, als vermutlich seriöse Quelle, schreibt was, und andere, wie BullTT68, greifen dies auf und verbreiten es immer wieder ungeprüft weiter. Und seit der Pandemie sollten wir diesbezüglich doch etwas sensibler sein.
Doch zumindest beim Originalsensor stimmt die Info bezüglich der Goldkontakte und ist somit Fakt und kein Fake.
Mea culpa, mea maxima culpa (für's Cläus'chen die Übersetzung: meine Schuld, meine große Schuld).

Für manche ist ja die Seite tt-eifel sowas wie die Bibel. Das geschriebene Wort stimmt und man darf daran nicht zweifeln, so wie es der User "andreas ginter" im Forum schreibt - aus und basta. Aber zumindest hat es in diesem Fall gepasst und tt-eifel.de lag goldrichtig.


Aber weil ich mich von BullTT68 (Bull68 oder liebevoll auch Cläus'chen) eigentlich unterscheiden will und nicht alles ungeprüft nachplappere, was so im Internet steht, habe ich daher schon vor einiger Zeit eine Anfrage an Hella, Febi-Bilstein und nun auch aktuell bei Cebi, bezüglich der von ihnen verwendeten Kontaktmaterialien, gestellt und von Hella sowie von Cebi auch eine Auskunft bekommen.

Ich konnte nun nicht umhin, diese Rückmeldungen zu posten. Insbesondere, da der Mythos mit dem Gold immer wieder auf den Tisch gebracht wird und BullTT68 sich noch dazu mit einem unbeteiligten User auf tt-owners-club.net anlegte, der mit der ganzen Sache nichts zu tun hatte und nur ganz normal gefragt hat, während ich zufällig wieder mal in meinem Lieblingsforum rumgestöbert habe - blöder Zufall. Ja, so kann man sich auch beliebt machen, aber das ist eine andere Geschichte.
Und das liebe Cläus'chen scheint sich mächtig über meine Beiträge im Blog (und nicht Block, wie der kleine Rechtschreibspezialist schreibt) zu ärgern, was mir natürlich besonders viel Spaß macht. Zumindest animiert es ihn dadurch die Fakten selber zu überprüfen - danke Claus, deine Bilder im Forum waren sehr hilfreich für mich bei der Erstellung dieses Beitrages und du hast mich (und das ist jetzt ernst gemeint) dabei sehr unterstützt das Ganze akribisch zu hinterfragen und zu dokumentieren.

Du kannst dann später beruhigt in deiner Rente so viele originale G2/G62, anstatt Bierdosen, sammeln wie du willst, denn die Kontakte sind wirklich aus Gold. Aber vermutlich wirst du mit letzteren reicher.

Die Kontakte einiger Zubehörsensoren bestehen hingegen, zumindest bei Hella, durchwegs aus einem anderen Metall, wie beispielsweise CuZn30 bzw. CuZn33, landläufig auch als Messing bezeichnet. Und das Gemeine am Messing ist, dass es mitunter eine goldähnliche Farbe aufweist - nicht alles ist Gold was glänzt. Dies trug auch dazu bei am Mythos Gold zu zweifeln, da ja der Metallkörper bei einem neuen Sensor auch wie Gold aussieht, aber keines ist.

Es stellt sich für mich die Frage, warum man den Aufwand des Vergoldens betreibt und die Mehrkosten der Goldkontakte beim G62 in Kauf nimmt und nicht auch bei anderen Kontakten, wie beispielsweise beim Luftmassenmesser, dessen Toleranzen ja wesentlich enger sind? Was war der Grundgedanke? Die Autoindustrie dreht ja sonst auch jeden Cent zweimal um.

Der Mythos mit den Goldkontakten bei den (damaligen) originalen G62-Kontakten stimmt somit und man sollte daher beim Kauf, neben dem Aspekt, dass die Widerstandswerte im Toleranzband liegen, auf die originalen Audi-Ersatzteile zurückgreifen und ich hoffe die haben auch weiterhin die Goldkontakte, um die Kontaktkorrosion zu vermeiden. Natürlich lässt sich Audi seine Ersatzteilpreise vergolden.