§57a - bis der Tod uns scheidet

Gestern habe ich mein blaues Wunder erlebt, denn mein geliebter Audi TT8N3 bekam nicht das Picklerl, weil er erstmals in meinem Besitz schwere Mängel aufwies.
Was für mich nun etwas problematisch ist, ist der Umstand, dass die Prüfung rund 11 Tage vor Ablauf der Überzugsfrist durchgeführt wurde und momentan keine Werkstättentermine kurzfristig zu ergattern sind. Es steht nämlich im Absatz 5a des §57 KFG:

"(5a) Wird bei der Begutachtung festgestellt, dass das Fahrzeug einen oder mehrere schwere Mängel aufweist, so kann keine Begutachtungsplakette angebracht oder ausgefolgt werden. Ein solches Fahrzeug darf noch längstens zwei Monate nach dieser Begutachtung jedoch nicht über die auf der bisherigen Plakette angegebenen Frist hinausgehend, verwendet werden. Das Datum der zweimonatigen Frist ist auf dem Gutachtensausdruck anzugeben."

Aber Dank dem Hinweis der Verkehrsabteilung des Landes OÖ gibt es anscheinend doch eine Möglichkeit das Problem zu lösen, nämlich mit der Verlegung des Stichtages. Dies wäre dann auf den Halter bezogen, d.h. er erlischt beim Verkauf und das ursprüngliche Datum tritt wieder in Kraft.
Diese Verlegung des Stichtages wird anscheinend für saisonal genutzte Fahrzeuge beantragt, da diese meist erst in den späteren Monaten auf die Straße kommen und ansonsten die Fristen zu knapp bemessen sind. Für die Verschiebung des Stichtages ist die jeweilige Bezirkshauptmannschaft zuständig und bei Gewährung wird ein entsprechender Bescheid ausgestellt.

Aber nun kommen wir wieder auf den Mängelkatalog zurück. Was so alles im Mängelkatalog aufgelistet ist, findet man auf der Webseite www.57a.at der Wirtschaftskammer und ich kann nur empfehlen bei Mängeln einmal reinzuschauen, da es anscheinend einige Novellierungen gab, die noch nicht zu jedem Prüfer durchgedrungen sind.


Im Grunde wiederholt sich alles im Leben und die §57a-Überprüfung (Anhang 6 im Bundesgesetzblatt) ist genauso subjektiv wie Schulnoten. Nur dort wo objektive Messwerte, wie die Siedetemperatur der Bremsflüssigkeit, gefragt sind, da kann der Prüfer nicht aus und muss auch dementsprechend beurteilen.

Aber was das Thema Korrosion und Inkontinenz angeht ist es eher eine Pi mal Daumen Entscheidung. Bei dem einem Lehrer bekommst du ein Befriedigend und der andere beurteilt dich bei gleicher Leistung mit Nicht genügend - einfach nur unfair.
Und genau das gleiche Gefühl, wie ein Schüler, hatte ich nämlich auch. Im gleichen Betrieb (analog zur Schule) wurde vor zwei Jahren (2020) bei den gleichen Problemstellen (und gleichem Zustand) nur ein leichter Mangel festgestellt (andere Lehrerin), während es dieses Mal nun schwere Mängel sind (anderer Lehrer).

Zwischen den beiden Gutachten liegen gerade mal 26 Monate und 3.353km, weil das Fahrzeug coronabedingt die meiste Zeit trocken in der Garage verbrachte. Und da frage ich mich, auch als Lehrer für Maschinenbau, wie manche Mängel (bspw. Bremsleitung, Querlenker) dann von leicht auf schwer mutieren konnten?


Wäre ich paranoid, dann würde ich nun denken, dass dies eine Racheaktion von Audi ist, weil ich sie ja wegen dem Airbag verklagt hatte und nun die §57a-Überprüfung im Zuge des Gasgeneratortausches und der TopCard erfolgte  - also eine abgesprochene Partie, quasi ein Komplott.
Darüber hinaus hat der Prüfer einen schweren Mangel diagnostiziert, meine Distanzscheiben, den es gar nicht gibt. Hätte Mann sich den am Beifahrersitz liegenden Zulassungsschein angeschaut, dann hätte Mann festgestellt, dass diese eingetragen und legal sind - im Grunde kein gutes Bild von ordentlicher Arbeit sondern eher wie Notenwillkür in der Schule - ich sage ja immer zu meinen Schüler/innen, dass es leider keine gerechte und objektive Beurteilung gibt.

Interessant ist auch der Absatz 2a im §57a des KFG. Wenn ich den richtig versehe, dann herrscht vom Gesetzgeber ein gewisses Misstrauen gegenüber Werkstätten mit Begutachtung, denn dort steht:

"(2a) Der Landeshauptmann hat regelmäßig zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Ermächtigung noch gegeben sind und ob die Begutachtungen ordnungsgemäß durchgeführt werden. Insbesondere bei zur Reparatur von Fahrzeugen berechtigten Gewerbetreibenden hat er auf die Objektivität der Begutachtung zu achten ..."

Soll das nun heißen, dass sich Werkstätten mit Begutachtung mitunter die Auftragsbücher etwas füllen könnten? Ein Schelm, wer Böses denkt.

Und wenn man sich den aktuellen Mängelkatalog aus 2020 ansieht, dann wären angerostete Bremsleitungen laut Katalog kein schwerer Mangel, sondern nur übermäßig korrodierte. Und zwischen angerostet und übermäßig korrodiert ist doch ein kleiner Unterschied.
Und noch dazu hat der ÖAMTC nach der §57a-Überprüfung sich die Bremsleitung auch angesehen und den am Prüfprotokoll vermerkten schweren Mangel, sowie auch bei den Querlenkerbuchsen, am Prüfstand nicht unbedingt feststellen können.
Was aber diagnostiziert wurde, ist ein Ölverlust, der unstrittig auch als schwerer Mangel festgehalten werden kann. Was mich aber mehr in Sorge trieb war der Hinweis des ÖAMTC-Techniker auf eine mögliche Brandgefahr, da das Öl anscheinend auch auf den Turbolader tropft bzw. von diesem kommt.
Umwelt hin oder her, aber eine solche Gefahr sollte eigentlich dem Halter auch mitgeteilt werden.

Ich frage mich nun, ist das Gutachten überhaupt gültig, wenn man so offensichtlich Mängel diagnostiziert, die es mitunter gar nicht gibt?
Ein Zeugnis in der Schule ist ja auch ungültig, wenn ich aus Schlampigkeit fünf statt vier Nicht genügend eintrage. Am Ergebnis des Nichtaufstiegs wird sich zwar nichts ändern, aber falsch bleibt falsch und ein §57a-Gutachten ist eigentlich auch eine Urkunde.

Vermutlich sind sich viele Prüfer auch nicht bewusst, dass sie eine Amtshandlung im Auftrag des jeweiligen Landeshauptmannes bzw. der Landeshauptfrau (für NÖ) vollführen und ein falsches Gutachten mitunter ein strafrechtliches Vergehen nach §302 StGB (Missbrauch der Amtsgewalt), mit einem Strafmaß bis zu 5 Jahren, nach sich ziehen kann.

Solche Fehler sollten normalerweise nicht passieren, denn das zeugt auch von einer nicht gewissenhaften Fahrzeugübernahme (darüber hinaus wurde mein am 25.04.2022 telefonisch vereinbarter Termin vergessen zu vermerken), was ich bisher von dieser Werkstätte eigentlich nicht gewohnt war.

Wahrscheinlich liegt das mit der hohen Aus- und Belastung zusammen, denn man bekommt erst Termine in rund einem Monat und da kann man nicht wie im Gesundheitssystem auf einen Wahlarzt ausweichen, weil ja jede Werkstatt eigentlich einer ist. Die Zwei-Klassen-Medizin hat man in der Werkstatt vermutlich auch, wenn man einen fetten Porsche oder Lamborghini fährt, da dort dann die Preise deutlich höher ausfallen als bei Audi. Da frage ich mich gerade, wie es den armen VW-Fahrern geht, die sich keinen Audi leisten können?

Also man sieht, dort wo Menschen arbeiten passieren Fehler und es ist nicht immer nachvollziehbar, wie eine Beurteilung zu Stande kommt - sowohl in der Schule als auch bei der §57a Überprüfung. Ärgerlich ist es aber für denjenigen den es trifft.

Ein weiterer interessanter Fakt im Zusammenhang mit der §57a Überprüfung ist auch das seit 2021 im Internet erhältliche Angebot, nämlich die Prüfberichte (gegen eine geringe Gebühr von rund 1,50EUR) online abzufragen, wenn das Kennzeichen, die Fahrgestellnummer und das Zulassungsdatum bekannt sind.


Wie weit die Abfrage datenschutzrechtlich bedenklich ist, zeigt eigentlich der Umstand, dass bei den modernen Fahrzeugen das Kennzeichen sowieso, die Begutachtungsplakette (in der Regel mit dem Zulassungsmonat) und die Fahrgestellnummer (hinter der Windschutzscheibe) ohne Probleme einzusehen sind. Anhand der möglichen Modelljahre des Fahrzeugmodeslls, dem Monat auf der Begutachtungsplakette und dem Umstand, dass ein Monat maximal 31 Tage hat, könnte man das Erstzulassungsdatum mit dem try-and-error Prinzip ermitteln, weil die Webseite anscheinend keine mehrmaligen Abfragen blockiert - zumindest konnte ich mehr als 20 Mal hintereinander, nach Bestätigung des reCaptcha, den Suchvorgang starten.


Man sieht, die Ganze Thematik rund um eine anscheinend einfache §57a-Überprüfung ist doch etwas komplexer als man glaubt bzw. ich glaubte. Na ja, zumindest kann ich meinen Audi TT8N3 reparieren bzw. reparieren lassen während ein Schüler mit mehreren Nicht genügend sitzenbleiben muss - ist aber aus eigener Erfahrung mitunter auch nicht das Schlechteste, da man sich von dem einen oder anderen Lehrer befreien kann.